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Stad Lëtzebuerg

Fir e gutt Zesummeliewen an onser Stad

Pressekonferenz von déi gréng Stad Lëtzebuerg am 21. November 2021 im Chiche auf Limpertsberg mit François Benoy, Claudie Reyland und Eduarda Macedo.

Luxemburg ist eine Stadt mit einer enormen Anziehungskraft. Immer mehr Neuankömmlinge wollen hier leben und arbeiten. Doch sie ist auch eine Stadt der Gegensätze und der steigenden Ungleichheiten. Mittlerweile besitzen über 70% der Einwohner*innen nicht die luxemburgische Staatsbürgerschaft. Gleichzeitig machen die Nicht-Luxemburger*innen mit derzeit nur 14% nur einen sehr geringen Anteil der eingeschriebenen Wähler*innen aus. 

Rezente Zahlen zeigen außerdem, dass die Armutsrate in der Hauptstadt über dem nationalen Durchschnitt liegt und sozialer Wohnraum nur etwa 3% des Immobilienparks ausmacht. Im EU-Durchschnitt sind es hingegen 9%. Hinzu kommen erhebliche sozioökonomische Ungleichheiten zwischen den Stadtvierteln.

Wir müssen dafür sorgen, dass diese Entwicklungen den Zusammenhalt in unserer Stadt nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Die Gemeinde muss deshalb stärker gegensteuern, u.a. durch eine ambitionierte Wohnungsbaupolitik, mehr Bürgerbeteiligung und eine inklusive Kulturpolitik. Wir wollen eine Hauptstadt, in der jede*r unabhängig von geographischer oder sozioökonomischer Herkunft Platz findet und in der wir uns nicht auseinander, sondern miteinander leben.

Wohnungsbau: kommunale Bauprojekte vorantreiben statt aussitzen

In Luxemburg-Stadt ist die Wohnungskrise am deutlichsten zu spüren. Auf nationaler Ebene wurden bereits viele Hebel in Bewegung gesetzt, um den Bau von bezahlbaren Wohnungen zu beschleunigen. Auch die Stadt Luxemburg hat in den letzten Jahren große Projekte auf den Weg gebracht, scheut sich immer wieder diese auch schnell umzusetzen. Doch gerade in der besonders teuren Hauptstadt, die für immer weniger Menschen erschwinglich ist, muss mit gutem Beispiel voran gegangen und deutlich mehr Tempo gemacht werden.

  • Verdopplung des Angebots an erschwinglichem Wohnraum der Stadt Luxemburg 

Derzeit verwaltet die Stadt Luxemburg etwa 700 Sozialwohnungen. Hinzu kommen etwa 700 Wohnungen vom Fonds du Logement und der SNHBM sowie 300 Wohnungen die per „Gestion locative sociale“ vom Wohnungsbauministerium bezuschusst und von anerkannten Vereinen verwaltet werden. Angesichts der hohen Wohnungsmieten muss diese Zahl so schnell wie möglich verdoppelt werden.

Um dies umzusetzen, muss die Stadt mehr neue Wohnungen bauen und alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel vollends ausschöpfen. Die Stadt Luxemburg verfügt über enorme finanzielle Reserven, die hierfür mobilisiert werden sollten. Darüber hinaus bedarf es einer engeren Zusammenarbeit mit Drittakteuren, um anhand der „Gestion locative sociale“ mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

  • Einberufung einer kommunalen Task-Force im Wohnungsbau

Wir schlagen vor, eine kommunale Task-Force einzuberufen mit Vertreter*innen aus allen relevanten kommunalen Diensten und des Wohnungsbauministeriums, die gemeinsam mit den privaten Entwicklern und den öffentlichen Akteuren dafür sorgt, Wohnungsbauprojekte in der Stadt schneller umzusetzen. Im Rahmen der Umsetzung des Pacte Logement 2.0, muss die Priorität auf der Schaffung von bezahlbaren Mietwohnungen liegen. 

  • Alternative Wohnformen stärker fördern

Um Wohnraum für alle in unserer Hauptstadt zu schaffen, müssen auch alternative Wohnformen ermöglicht und gefördert werden, indem die Stadt etwa anhand von temporären Pachtverträgen interessierten Gruppen Grundstücke für solche Projekte zur Verfügung stellt. Mit solchen Initiativen können Kosten reduziert und das Zusammenleben innerhalb der Wohnprojekte gestärkt werden. 

Die Projekte zu Baugruppen, die in der letzten Legislaturperiode gestartet wurden, sollten dringend wiederbelebt werden. Eine neue Ausschreibung, die bereits im November 2019 in einer vom Gemeinderat angenommenen Motion von déi gréng Stad Lëtzebuerg gefordert wurde, muss nun endlich durchgeführt werden. Die letzte Ausschreibung hatte gezeigt, dass vonseiten der Bevölkerung eine große Nachfrage nach partizipativen Wohnprojekten besteht.

Beteiligung und Integration zur Priorität machen

Mit über 160 verschiedenen Nationalitäten ist Luxemburg so divers wie kaum eine andere Stadt. Hinzu kommt, dass ein beträchtlicher Teil der Stadtbevölkerung jährlich rotiert. Insgesamt zogen 2021 etwa 15.000 Menschen in die Hauptstadt um, wobei zwei Drittel aus dem Ausland nach Luxemburg kamen. Gleichzeitig verließen wiederum etwa 9.000 Menschen die Hauptstadt. 

Diese Diversität sowie der ständige Wechsel sind eine Herausforderung für das Zusammenleben, da neben den vielen bereits vorhandenen Gruppen immer wieder Neuankömmlinge hinzukommen, die in der Stadt empfangen und orientiert werden müssen. Damit das Zusammenleben in unserer Stadt gut funktioniert, muss sowohl dem Empfang neuer Bürger*innen als auch der Beteiligung aller Einwohner*innen eine stärkere Priorität eingeräumt werden.

  • Schaffung eines*r Empfangsbeauftragten („agent d’accueil“)

Für viele Neuankömmlinge ist es anfangs schwierig, sich in Luxemburg zurecht zu finden. Um dafür zu sorgen, dass sie sich schnell in der Stadt sowie in ihrem Viertel einleben und auch am assoziativen Leben teilnehmen können, sollte die Gemeinde sie von Anfang an adäquat informieren. Der oder die Empfangsbeauftragte („agent d’accueil“) würde den neuen Stadtbürger*innen bei ihrer Anmeldung im Biergerzenter erste Informationen unter anderem zu den städtischen Vereinen, den Sportclubs und den Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements geben.

  • Eine zentrale Koordinierungsstelle für Bürgerbeteiligung

Ein gutes Zusammenleben erfordert, dass alle Bürger*innen in politische Entscheidungen miteinbezogen werden. In den letzten Jahren wurde die Bürgerbeteiligung jedoch nur halbherzig umgesetzt. Eine zentrale kommunale Koordinierungsstelle soll dafür sorgen, dass bei jedem Projekt eine durchdachte Bürgerbeteiligung durchgeführt wird. Das bedeutet konkret, dass die Einwohner*innen bereits im Vorfeld ihre Ideen miteinbringen können, anstatt nur am Ende des Prozesses informiert zu werden.

Es sollten auch neue Möglichkeiten der Beteiligung eingeführt werden, wie z.B. ein Bürger-Budget („budget participatif“). Dies wäre ein eigenes Budget im kommunalen Haushalt, das für von den Bürger*innen vorgeschlagene Projekte zur Verfügung stünde.

  • Eine „Maison de quartier“ für jedes Viertel

Das Leben in der Hauptstadt findet zum großen Teil in den Vierteln statt. Deshalb muss auch hier das gute Zusammenleben gefördert werden. Wir schlagen vor, in jedem Viertel eine „Maison de quartier“ einzurichten, in der sich Einwohner*innen des Viertels treffen können und deren Räumlichkeiten von ihnen genutzt werden können (z.B. für Kunst-Workshops, Spieleabende, spielerische Aktivitäten für Kinder…). 

Kultur fördern, Zusammenhalt stärken

Mit seinen zahlreichen großen Kulturhäusern verfügt unsere Hauptstadt heute bereits über ein attraktives Kulturangebot. Trotzdem bleiben im Kulturbereich einige Herausforderungen, die angegangen werden müssen. 

So wurde es in den letzten Jahren vonseiten der Stadt Luxembourg verpasst, alternative Projekte wie z.B. das Harikoin Bonnevoie angemessen zu unterstützen, mit dem Resultat, dass diese sich nun in anderen Städten ansiedeln. Dabei vermag nur ein breites kulturelles Angebot, das sich an alle Teile der Bevölkerung richtet, den interkulturellen Dialog zu fördern und den Zusammenhalt zu stärken.

  • Ein Kulturentwicklungsplan für die Stadt Luxemburg

Angelehnt an den nationalen Kulturentwicklungsplan (KEP) sollte die Stadt Luxemburg sich einen eigenen Plan zur Entwicklung des städtischen Kulturangebots geben. Dieser städtische KEP sollte neben einer Bestandsaufnahme klare Zielsetzungen beinhalten sowie konkrete Maßnahmen um diese Ziele zu erreichen. 

  • Mehr offene Kulturhäuser in den Vierteln

Um ein diverses kulturelles Angebot zu schaffen, bedarf es mehr offen zugänglichen Kulturhäusern, in denen Platz für Kreativität und Begegnung geboten wird. Bestehende Kulturzentren, die derzeit oft leer stehen, könnten hierfür genutzt werden. Auch der alte Schlachthof in Hollerich, wo leider immer noch kein konkretes Projekt vorliegt, würde sich als offenes Kulturhaus eignen.

  • Mehr Nachhaltigkeit bei Kulturereignissen

Auch im Bereich von kulturellen Ereignissen sollte deutlich mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt werden. Alle öffentlichen Veranstaltungen in der Stadt Luxemburg sollten im Sinne einer Null-Abfall-Strategie zu Green Events werden, indem die Gemeinde wiederverwendbares Material für Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Bereits vor drei Jahren haben déi gréng Stad Lëtzebuerg ein konkretes Konzept für eine „Null Offall Stad“ vorgelegt.

(c) Sven Becker